Schlechte Noten für deutsche Infrastruktur – Wohnungsmangel das drängendste Problem

Nur jeder dritte Bundesbürger (33%) ist mit der Infrastruktur in Deutschland zufrieden, fast ebenso viele (31%) äußern sich unzufrieden. Damit schneidet Deutschland im internationalen Vergleich eher schlecht ab, so das Ergebnis einer aktuellen Studie des Markt- und Meinungs-forschungsinstituts Ipsos, die in Zusammenarbeit mit der Global Infrastructure Investor Association (GIIA) in 31 Ländern durchgeführt wurde. Sechs von zehn Befragten (60%) glauben außerdem, dass in Deutschland nicht genug unternommen wird, um die Infrastrukturbedürfnisse des Landes zu erfüllen. Besonders schlecht wird das Wohnraumangebot, die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und die Qualität des Eisenbahnverkehrs bewertet. Bei der Digitalisierung ist Deutschland im weltweiten Vergleich sogar das Schlusslicht.

Danach gefragt, in welche Infrastrukturbereiche in Deutschland vorrangig investiert werden sollte, wird am häufigsten die Verfügbarkeit neuer Wohnungen und Häuser (49%), die Eisenbahn (40%) und die digitale Infrastruktur (36%) genannt. Mit etwas Abstand dahinter folgen die Infrastruktur zur Solarenergieerzeugung (33%), Fahrradwege (31%) und Windenergie (30%). Obwohl die Ladeinfrastruktur für E-Autos in Deutschland schlecht abschneidet, wird der Bau von E-Ladestationen trotzdem vergleichsweise selten priorisiert (23%). Investitionen in die zuletzt wieder vermehrt diskutierte Energieerzeugung mittels Atomkraft wird nur von 19 Prozent der Befragten gefordert.

Gute Infrastruktur Voraussetzung für Wirtschaftswachstum

Eine knappe Mehrheit (51%) der Deutschen ist davon überzeugt, dass Investitionen in die Infrastruktur neue Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln werden. 46 Prozent glauben außerdem, dass Infrastrukturinvestitionen erheblich zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen können. 60 Prozent der Befragten sind jedoch der Meinung, dass dringend benötigte Infrastrukturprojekte in Deutschland nicht schnell genug umgesetzt werden. Trotzdem hält es jeder Zweite (52%) für wichtig, dass die Meinung der örtlichen Bevölkerung zu geplanten Infrastrukturprojekten eingeholt wird, auch wenn dies zu Verzögerungen führt. Verglichen mit anderen Nationen liegt dieser Wert aber erstaunlich niedrig. Im globalen Länderdurchschnitt sagen 65 Prozent, dass die Standpunkte der ansässigen Bevölkerung stets berücksichtigt werden sollten. 

Für Dr. Robert Grimm, Leiter der Politik- und Sozialforschung bei Ipsos in Deutschland, ist der gegenwärtige Frust der Bevölkerung auch auf jahrelange Versäumnisse des Staates zurückzuführen: »Egal ob bei der Bahn, der Digitalisierung oder erneuerbaren Energien – Deutschland krankt an fehlenden Investitionen. Das nagt an der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und am Selbstwertgefühl der Bürgerinnen und Bürger. Wer lebt schon gerne in einem Land, in dem das, was eigentlich funktionieren müsste, unverlässlich ist? Eine solide Infrastruktur ist wichtig für die erfolgreiche Umsetzung der Vorhaben der Ampelkoalition. Wirtschaftswachstum, Innovation, Klimaneutralität und soziale Gerechtigkeit lassen sich nur durch umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur umsetzen. Schnelle Abhilfe wird es aber wohl nicht geben. Was Vorgängerregierungen mitverschuldet haben, lässt sich in vier Jahren nicht einfach aufholen. Eine ordentliche Grundsteinlegung sollten die Bürger von der Ampel jedoch erwarten dürfen.«


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