Nokia: Warum Telekommunikation dank 6G und KI wieder spannend ist

Beim diesjährigen Brooklyn 6G Summit wurde deutlich: Die nächste Mobilfunkgeneration wird nicht einfach schneller. Sie wird intelligenter. Nokia zeichnete das Bild einer Zukunft, in der 6G und Künstliche Intelligenz keine getrennten Welten sind, sondern ein gemeinsames System bilden. Die Branche spricht inzwischen von „AI-native networks“: Netzen, die nicht nur Daten übertragen, sondern selbst aktiv mitdenken.

Davon profitieren längst nicht mehr nur Mobilfunkprofis. Eine wachsende Zahl von Branchen ist darauf angewiesen, dass Netze zu intelligenten Rechenplattformen werden. Unternehmen, die digitale Produkte entwickeln, etwa Hersteller von AR- und VR-Brillen, Entwickler autonomer Drohnen und Roboter oder Startups für KI-getriebene Mobilitäts- und Sicherheitslösungen benötigen genau diese Fähigkeiten.

Auch Betreiber kritischer Infrastruktur wie Logistikzentren, Smart-City-Systeme oder Rechenzentren können dadurch Anwendungen realisieren, die heute noch an Latenz, Zuverlässigkeit oder Bandbreitengrenzen scheitern. Denn viele der kommenden Innovationen, von immersiven Brillen über autonome Fahrzeuge bis hin zu intelligenten Produktionshallen, funktionieren nur, wenn Mobilfunknetze selbst zu Echtzeit-Rechen- und Entscheidungsplattformen werden.

Nvidia und Nokia: Was als nächstes kommt

Ein Thema des Summits war die Partnerschaft zwischen Nokia und Nvidia. Beide Unternehmen arbeiten gemeinsam daran, das Radio Access Network (RAN), also das Herzstück der Mobilfunknetze, grundlegend neu zu bauen. Ziel ist nicht weniger als der Beginn einer AI-native Wireless Era: Netze, die von Grund auf für KI entwickelt sind, von 5G-Advanced bis zu 6G.

Im Kern kombiniert die neue AI-RAN-Plattform die Funkzugangstechnik von Nokia mit Nvidias GPU-beschleunigter Infrastruktur. Damit können Mobilfunkanbieter zukünftig sowohl klassische RAN-Funktionen als auch KI-Workloads auf derselben, softwaredefinierten Architektur betreiben. Das bringt massive Leistungs- und Effizienzsprünge und eröffnet ein neues Wachstumsfeld: verteiltes Edge-AI-Inferencing. Das bedeutet, dass KI-Modelle direkt am Rand des Netzes („Edge“) ausgeführt werden, also nahe bei den Nutzern, Geräten oder Anwendungen, statt zentral in einem großen Rechenzentrum.

Warum das wichtig ist? Anwendungen wie generative KI, agentische KI, AR/VR-Geräte, Drohnen oder zukünftige 6G-Funktionen wie integriertes Sensing benötigen enorme Rechenleistung am Rand des Netzes. Genau hier setzt die Plattform an: Sie nutzt ungenutzte RAN-Kapazitäten für Edge-AI-Services, steigert die spektrale und energetische Effizienz und verbessert die Netzwerkleistung, indem KI-Algorithmen direkt im Funknetz ausgeführt werden.

Kurz gesagt: Nokia und Nvidia legen das Fundament dafür, dass künftig ein „AI-Rechenzentrum in jeder Hosentasche“ steckt, und dass Mobilfunknetze zu intelligenten, KI-fähigen Plattformen werden, die Innovationen beschleunigen und den Weg zu 6G ebnen.

Was hinter dem „AI Supercycle“ steckt

Nokias CEO Justin Hotard und Chief Technology & AI Officer Pallavi Mahajan beschreiben die aktuelle Entwicklung als „AI Supercycle“. Gemeint ist damit kein kurzer Trend, sondern ein langfristiger Umbruch, ähnlich dem Aufstieg des Internets in den 90er Jahren.

Damals ging es darum, Informationen zugänglich zu machen. Heute geht es darum, Künstliche Intelligenz überall verfügbar zu machen. Während wir KI heute hauptsächlich als Text- und Sprachmodelle erleben, wächst der Anteil anderer KI-Arten rasant: Bild- und Videomodelle, Modelle für autonome Systeme oder digitale Zwillinge sind schon Realität, aber ihre praktische Nutzung steht erst am Anfang. Mit jedem Schritt in Richtung breiter Anwendung steigen die Anforderungen an das Netz dramatisch.

Diese Systeme erzeugen und verarbeiten enorme Datenmengen, sie reagieren auf ihre Umgebung, treffen Entscheidungen in Sekundenbruchteilen und benötigen oft Rechenleistung in unmittelbarer Nähe des Nutzers oder Geräts. Genau an dieser Stelle stoßen heutige Netze an Grenzen: Sie wurden für klassische Datendienste entwickelt, nicht für KI-gestützte Echtzeitverarbeitung in großem Maßstab.

Wie anyRAN den Weg zu 6G ebnet

Mit „anyRAN“ verfolgt Nokia die Idee eines vollständig softwaredefinierten Funksystems. Statt vieler unterschiedlicher Hardwareplattformen gibt es eine einheitliche Software, die auf den eigenen AirScale-Systemen von Nokia ebenso läuft wie auf Standardservern oder GPU-basierten Nvidia-Plattformen.

Der Vorteil ist: Der Übergang von 5G auf 6G wird vor allem zu einem Software-Upgrade statt zu einem Infrastruktur-Großprojekt. Neue KI-Modelle, Energieoptimierungen oder Leistungsverbesserungen lassen sich wie ein Update installieren. Für Netzbetreiber bedeutet das: weniger Kosten, mehr Flexibilität und die Möglichkeit, neue Dienste viel schneller zu entwickeln.

Warum Konnektivität unsichtbar werden muss

Ein zentrales Ziel der kommenden Netze ist es, dass wir Konnektivität nicht mehr bewusst wahrnehmen. Heute merken wir noch, wenn das WLAN wechselt oder das Mobilfunknetz nachjustiert.

In einer KI-gesteuerten Welt muss das anders funktionieren: Verbindungen sollen zuverlässig, sicher und sofort verfügbar sein, egal ob wir in einem Gebäude stehen, in einem autonomen Shuttle sitzen oder mit AR-Brillen arbeiten. Unsichtbare Konnektivität heißt: Alles funktioniert einfach. Immer. Sofort. Für Nutzer bedeutet das besseren Komfort, für Unternehmen neue Möglichkeiten, für Betreiber neue Einnahmequellen durch hochwertige, verlässliche Premiumdienste.

Ein Blick in die Zukunft der Netze

Der Summit zeigte auch, wie sich die Netze in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Rechenleistung wandert näher an den Nutzer. Netze treffen Entscheidungen selbstständig. Datenmodelle bewegen sich dynamisch zwischen Cloud, Edge und Gerät. Und 6G-Standards werden von Anfang an so geplant, dass KI nicht ein Zusatz, sondern ein zentraler Bestandteil ist.

Das ist entscheidend, damit autonome Systeme sicher funktionieren, Städte intelligenter werden und neue Geschäftsmodelle entstehen können, von Echtzeit-Sicherheitslösungen bis zu industrieller Automatisierung.

Telekommunikation ist wieder cool

Lange galt die Telekombranche als langsam, reguliert, wenig glamourös. Doch mit 6G und KI wird sie zu einem der spannendsten Innovationsfelder überhaupt. Aus der dummen Datenpipeline wird das intelligente Nervensystem einer Welt, in der KI überall eingebettet ist: in Geräten, Anwendungen, Städten, Fahrzeugen und Unternehmen.


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